Essen im „Elements“ (Dresden)

Vielleicht wird es ein Einzelfall, vielleicht eine neue Kategorie… Eigentlich wollte ich meinen Besuch im „Elements“ in Dresden nur in einem Nebenabsatz erwähnen und heute ein neues Rezept online stellen. Tja, irgendwie wurden aus dem einen Absatz erst zwei, dann drei. Und irgendwann rückte der Fenchel-Orangen-Salat mit Oktopus in immer weitere Ferne! Deswegen hier mein Erlebnisbericht für all die Ess-Begeisterten unter Euch oder diejenigen, die auch schonmal überlegt haben, ob sich das Sterne-Lokal „Elements“ in Dresden wohl lohnt. (Spoiler: „J…ein.“) Alle Fotos sind übrigens mit dem Handy geschossen, in Momenten, wo ich mich unbeobachtet fühlte. Obwohl meine Kollegen mich vermutlich für einen Instagram-süchtigen Hipster halten, finde ich diese Art der Knipserei ziemlich peinlich. Und da die Bilder zum Großteil gleich zu Instagram weitergewandert sind, dürft Ihr Euch nicht über die Beschriftungen wundern. Ist eher total authentisch. Oder so. 😀

Dinner in Dresden – das „Elements“

Elements in DresdenIch hatte im Vorfeld natürlich ein bisschen recherchiert und für einen Abend zusammen mit meiner Schwester im Elements einen Tisch reserviert. Nach der Lektüre diverser Kritiken, Blogs und natürlich angesichts der Auszeichnung mit einem Michelin-Stern seit 2014 waren die Neugier und die Vorfreude entsprechend groß. Auch die stylishe Location sah vielversprechend aus. Das Lokal liegt etwas abseits in einem industriell geprägtem Stadtteil. Ehemalige Fabriken und Hallen rundum. Die ungewöhnliche Umgebung spricht angesichts der eher leblosen und beinahe schon zu perfekt aufgehübschten Innenstadt eher für das Lokal. Viel Holz, Leder und geschmackvoll-moderne Deko, um die kühle Industrie-Architektur aufzufangen… Super gemacht, man fühlte sich gleich sehr wohl und auch der Service war freundlich, dezent und sehr um unser Wohlbefinden bemüht.

Die Karte

Die Karte im Elements (das aktuelle Menü findet man immer im Internet) liest sich interessant: Moderne Küche, stimmige Geschmacks-Kombinationen, aber nicht zu abgedreht/verschwurbelt. Wobei ich das auch spannend finde. Ebenso wie ich ein großer Fan von fest gesetzten Menüs bin. Ich persönlich lasse mich bei solchen Gelegenheiten gerne durch den Abend führen. Spannend ist es zudem, weil man so nicht bloß eine Aneinanderreihung einzelner Gerichte genießt. Stattdessen im Idealfall einen gelungenen Bogen, der sich in Form von aufeinander abgestimmter Gänge über den gesamten Abend zieht.

Aber zurück zum Restaurant: Aus dem A-la-carte-Programm lassen sich im hier diverse Menü-Konstellationen zusammenstellen, so dass man ganz nach Gusto sein eigenes Wunsch-Menü bauen kann. Auch damit kann ich natürlich hervorragend leben und so stellte ich mir aus den ansprechendsten Positionen mein 4-Gang-Menü mit zwei Fischgängen, Fleisch und Käse. Kein Wunder, dass ich danach kaum noch laufen konnte… 😉

Wein… aus Sachsen?!

Vorab gab es eine Premiere für mich: Sächsischer Wein. Bis dato hatte ich diese Region wein-technisch so garnicht auf dem Schirm, auch wenn ich wusste, dass es Weine aus Sachsen gibt. Angesichts der klimatischen Verhältnisse war ich dahingehend bisher aber eher… misstrauisch… Sehr lecker war dann allerdings unser Aperitiv, ein knackig-trockener Sekt von Frédéric Fourré. Ein gebürtiger Franzose, den es aus Paris über das Elsass und nach seiner Sommelier-Ausbildung im Roussillon letztendlich nach Dresden verschlagen hat. Hier baut er nun seine eigenen Weine an. Spannend! Grauburgunder und Spätburgunder, keinerlei Restsüße. Ein spannender Start, alleine schon wegen der neuen Erfahrung und der schönen Geschichte dahinter. Storytelling zieht bei mir immer!

… aber Es gab auch anderen!

Die Weinkarte des Elements ist übrigens eine Sache für sich: Sehr umfassende Auswahl und preislich angenehm und weit gefächert. Von moderat bepreisten Flaschen und auch einer schönen Auswahl an offenen Weinen gibt es nach oben hin natürlich einiges an Raum, für groe Namen und große Preise. Aber man wird definitiv auch ohne das ganz dicke Budget glücklich im Elements. Da sowohl ich als auch mein Schwesterlein recht fischlastig gewählt hatten, unsere Gänge aber durchaus „deftiger“ klangen (dazu gleich mehr), kam ein Chardonnay dabei heraus. Gerard Betrand kannte ich bislang nur als Erzeuger ziemlich gelungener südfranzösischer Rotweine. Ein noch recht junger Chardonnay aus dem Minervois, teils in Holzfässern ausgebaut, erwies sich aber als genau das Richtige. Sowohl zum Essen als auch für unseren Geschmack. Natürlich hätte es auch etwas wuchtigeres sein können (vermutlich hätte das aber tatsächlich das Budget gesprengt), aber so hielten sich Frische und Cremigkeit sehr angenehm die Waage.

Ohne Meckern zu wollen, wundere ich mich im Nachhinein allerdings etwas über die Bepreisung. Denn der gute Tropfen ist online für äußerst bescheidene 7/8 € zu haben, während im Elements mit dem Faktor 5 gerechnet wurde. Das kommt mir für Gastro-Verhältnisse ziemlich gewagt vor, allerdings kann es ja durchaus sein, dass ab einer gewissen Preisklasse (alleine schon vom Mehraufwand, der personell und generell zugunsten der Gäste betrieben wird) mit anderen Chiffren gerechnet wird.

Das Essen – 3, 2, 1… los

Zum Einstieg gab es etwas Olivenöl, eine Auberginen-Creme und – sehr lecker – eine aromatische Rotweinbutter zu hausgebackenem Olivenbrot. Das erinnert mich daran, dass ich schon seit geraumer Zeit Rotweinbutter ausprobieren wollte. Hier konnte ich es zum ersten Mal kosten und fand es extrem lecker! Der Gruß aus der Küche: Geräucherter Lachs, wunderhübsch ummantelt von Gurke, Noriblatt und Avocado. Quasi eine kleine Sushi-Interpretation.

Makrele Escabeche, Avocado, Karotten-Apfel-Sud

1. Gang: Makrele Escabeche

Ganz unvorbereitet war ich natürlich nicht ins Elements gekommen, sondern die Karte im Vorfeld in Augenschein genommen. Escabeche sagte mir vorher nichts, also hatte ich das Gericht (naja, eigentlich eher eine Zubereitungsart) ein wenig recherchiert: Fisch, Fleisch oder Gemüse werden in einer säuerlichen Sauce/Lake eingelegt, bzw. gebeizt. Im Anschluss kann man das Gericht kalt oder warm servieren. Vom Prinzip erinnert es etwas an den ganz klassischen deutschen Brathering! 😀

Serviert wurde mir ein Teller, der wirklich eine Augenweide war. Die Makrele wunderbar zart, ohne zu weich zu sein, ein paar frittierte Grünkohlblätter für den Crunch und natürlich der intensiv rote Sud in der Mitte, der allerdings eher nach einer sehr tomatig-fruchtigen Creme schmeckte (Apfel konnte ich zumindest so gar nicht herausschmecken). Überhaupt: Tomatige Sauce, süßlich-saurer Fisch, abgeflämmte Perlzwiebeln… ich will nicht flapsig klingen, aber die Geschmackskombination erinnerte mich durchaus ein wenig an Konserven-Fisch in Tomatensauce. Halt eben in hochwertig! Durchaus lecker, aber ziemlich schwer durch die Avocado (die es in Kombination mit fettem Fisch ja auch schon im Amuse gab) und die etwas ölige Makrele. Und für meinen Geschmack auch zu süß, denn die Creme in der Mitte war auch ziemlich süß-fruchtig. Nicht der leichte Start, den ich mir vorgestellt hatte.

Geblätterter Winterkabeljau, getrüffelte Kartoffeln, wachsweiches Ei, Poveraden

Eher „schwer“ ging es auch weiter. Spannend fand ich bei diesem Gang vor allem die Kartoffeln: Etwa reiskorngroß geschnitten (oder geraspelt?) und dann ganz ähnlich einem Risotto gegart. Dezenter, leichter Biss, wunderbar samtig-cremig und genau das richtige Maß an Trüffeligkeit! Der Kabeljau sehr, sehr zart und schön buttrig, aber eher Nebendarsteller zwischen dem Kartoffel-Trüffel-…Risotto (?), dem perfekt wachsweichem Ei und den Poveraden. Wer über Poveraden so wie ich bisher noch nie gestolpert ist: Es sind sehr feine Mini-Artischocken. ♥ Die säuerliche Komponente, die sie reinbrachten, war prima und vonnöten. Bei all den schweren anderen Bestandteilen, die mir in der Summer zu sättigend und mächtig waren, konnten sie aber auch nicht viel ausrichten.

Shades of… beige? Kartoffel-„Risotto“, Winterkabeljau, pochiertes Ei, Poveraden – Gang Numero 2

Fazit: Einzel-Bestandteile lecker, aber nicht optimal ausbalanciert. Bis auf die leichte Säure der Poveraden, die nur ganz dezent war, fehlte mir persönlich definitiv eine frische Komponente auf dem Teller. Leider gab es auch keinerlei Abwechslung bei den Konsistenzen. Das Mundgefühl war eher „breiig“ und homogen. Es fehlte das Spiel mit Texturen, Geschmacksakzenten und harmonischen Kontrasten, die ich mit dem Namen „Elements“ assoziiert hätte.

Glacierter Oxtail, Trüffelfond, Pastinakencreme, cremiger Spinat

Das Bild lässt es schon erahnen: Der Ochsenschwanz war eine wahre Umami-Explosion. Für meinen Geschmack war es fast zu viel des Guten. „Glaciert“ ist hier eher ein Understatement. Es war eher ein sehr schön butterweich geschmorter Ochsenschwanz, der in einer Demi-Glace angerichtet wurde, also in einer bis zur maximalen Intensität sirup-ig eingekochten Jus. Sehr salzig und ziemlich süß.

Dass die Beilagen (süßliche Pastiakencreme, ziemlich un-cremiger und naturbelassener Spinat und ausgebackene Kartoffel-Türmchen) eher neutral daherkamen, bzw. man neben dem Fleisch kaum etwas anderes schmecken konnte, kann man jetzt als Erleichterung sehen. Mich hat es eher enttäuscht, denn die übrigen Komponenten auf dem Teller trugen leider nichts zu einem stimmigen Gesamteindruck bei. Ich muss gestehen, dass ich den Gang nicht komplett gegessen habe. Mir fehlte das Zusammenspiel von Aromen, das ich – und jetzt kommt die Crux bei besternten Lokalen – auf diesem Niveau erwartet hätte. Es war handwerklich zweifellos alles sehr gut gemacht, aber die Harmonie stimmte einfach nicht.

Hier noch ein Bild, auf dem man die Komponenten besser erkennen kann:

Dessert // Käse: Stilton aus dem Laib, Brioche, Portwein-Zwiebel-Confit

Eine Nocke Stilton-Käse, selbstgebackene und getoastet servierte Brioche-Scheiben und eine mit Portwein verfeinerte Zwiebel-Marmelade – so endete das Menü für mich. Der Käse sehr lecker und super auch die Zwiebelmarmelade – aber mein Highlight dabei war definitiv die Brioche. Davon hätte ich trotz totaler Sättigung noch einiges vertragen! Ganz toll dazu auch die Riesling-Auslese von Fritz Haag. Die gab es, weil der ursprünglich empfohlene Banyuls zur Neige ging. Passte für mich gefühlt aber sogar noch besser mit der leichten Spritzigkeit!

Kata hatte übrigens den Red Velvet Cake mit Rumfrüchten, Mohn-Marzipan-Mousse und Muskatblüten-Eis. Und war im 7. Himmel. Das Eis durfte ich probieren und es war wirklich richtig toll und interessant. Ein Espresso und ein Obstbrand gingen dann trotz kugelrundem Bauch doch noch.

Fazit

Gemischt. Ich gehe einerseits gerne und oft essen, bin andererseits aber weder Gastro- noch Wein-Kritiker.

Das Elements vereint für mich definitiv einige

Pluspunkte:

Die Atmosphäre und das Interieur sind eine schöne Mischung zwischen Style (industrial chic, kühle Architektur) und Gemütlichkeit, die nie kitschig oder trutschig wirkt. Eine wirklich im besten Sinne „coole“ Location. Dazu passt auch der freundliche Service, der gut geschult und dabei nicht zu steif war. Man konnte ein paar Sätze wechseln und fühlte sich gut aufgehoben. Meinetwegen dürfte es sogar noch ein wenig herzlicher sein, aber das zeugt nur davon, wie ich selber das Gastgeben empfinde und in welchem Umfeld ich (gerne) arbeite.

Die Produkte waren definitiv von guter Qualität. Toll fand ich auch die offene Position im Menü „Ausflug zum Markt“, die sich Änderungen je nach Angebotslage vorbehält. Wirkt auf mich immer sehr vertrauenserweckend! Preislich alles voll in Ordnung, wenn man Wareneinsatz und vor allem die Portionsgrößen geachtet. Mir war es einfach zuviel, vor allem im Menü dürfte gerne maßvoller portioniert werden 😉

Die Weinkarte las sich super, soweit ich als Amateur sowas beurteilen kann. Was wir getrunken haben, war auch lecker, hat Spaß gemacht und habe ich als fair bepreist wahrgenommen. Auch wenn es höher kalkuliert war, als ich es sonst in der Gastronomie wahrnehme, Wenn mir ein Wein auswärts gefällt, recherchiere ich ja durchaus mal die Einkaufspreise.

Und nun die

Kritikpunkte…

Obwohl die Gerichte und die einzelnen Komponenten handwerklich gut zubereitet waren und auch die Produkte schön verarbeitet wurden, fehlte mir die gewisse… „Eleganz“ bei dem ganzen. Ich hätte mir bei einigen Gängen mehr Beschränkung auf das Wesentliche gewünscht, dafür aber ein paar Akzente. Vor allem beim sehr mächtigen Winterkabeljau: Kartoffeln, Trüffel, Ei, Kabeljau – alles fast monochrom, sämig und von homogener Konsistenz. Da konnten selbst die Poveraden nix dran machen. Ähnlich beim Ochsenschwanz, neben dem man einfach nichts anderes so recht schmecken konnte. Einige Komponenten waren mir einfach zu intensiv-süß. Etwa der Sugo bei der Makrele, die Pastinaken-Creme in Verbindung mit dem Ochsenschwanz.

Und wenn wir jetzt schon in Kritik-Laune sind: Auch die Doppelung im Amuse und der Makrelen Escabeche als Vorspeise (zweimal hintereinander fetter Fisch und Avocado) fand ich ein bisschen ungeschickt.

Wir reden hier natürlich von Meckern auf einem ziemlich hohen Niveau, andererseits haben wir mit einer ziemlich günstigen Flasche Wein, einem Aperitiv, Digestiv und Kaffee trotzdem unsere 260 € bezahlt. (Trinkgeld einbezogen). Und natürlich ist es der Fluch eines Restaurants, welches – ohne gezielt darauf abzuzielen – durch Auszeichnungen oder lobende Kritiken in den Fokus eines Ess-Begeisterten rückt, einer gewissen Erwartungshaltung standhalten zu müssen.

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